Gilgamesh tat den Mund auf und sprach zu Enkidu:
«Wer, mein Freund, könnte zum Himmel aufsteigen?»
Gilgamesh-Epos, 2. Tafel
In nicht sehr ferner Zukunft: Alia Velazco kommt, als ältestes Kind einer Familie des unteren Mittelstands, in Maracaibo (Venezuela) zur Welt. Schon bei ihrer Geburt im Kerzenschein, tobt ein heftiges Gewitter über dem Dach des Hauses. Es scheint die Turbulenzen eines Lebens voraus zu ahnen, sagte die Hebamme, aber über der Stadt am Maracaibo-See gewittert es beinahe jede Nacht. Dennoch, sie wird Recht behalten.
Alia Velazco, durchlebt eine mehr als turbulente Kindheit und Jugend, vor dem Hintergrund des Ausbruchs des Supervulkans Vilama (Bolivien). Ihre facettenreiche Biografie um Verlust und Liebe, Flucht und Überlebenswillen, die Liebe zur Natur und die Wissenschaft prägen ihre Lebenswege. Alias ‹Odyssee› und die Suche nach Sinn, ist die Grundlage für Entscheidungen, die sie als Besatzungsmitglied der Sternenschiffes ARGO zum Exo-Planeten GIBIL hinschickt.
GIBIL ist terra incognita. Was es dort zu erforschen gibt, ist für die Biologin Alia, zusammen mit der mobilen Scout-AI, genannt Sten, ein Füllhorn an Entdeckungen, neuen Lebensformen, neuen Konzepten der Evolution, mit gewissen Parallelen zu Bekanntem von der Erde, und doch in Vielem sehr anders.
Eine soziale Spezies auf GIBIL sind die fledermausartigen ‹Aussishh›. Einem jener wendigen Wesen der Lüfte folgen wir auf seinen Flügen in Richtung auf das Ende seines Lebens und damit dem zweiten Strang in der Geschichte.
Das Sternenschiff-Projekt, nach der katastrophalen Eruption des Vilama ins Leben gerufen, ist dabei der durchgehende Faden durch den Roman, als dritter Strang in DAS HERZ DES JAGUARS und er zieht sich durch alle weiteren Bücher des Zyklus > Verlasse Kish <. Die Sternenschiffe, wie das Projekt begonnen wird und wie die Auswirkungen auf die Menschheit sich gestalten, ist ein neuer globaler Rahmen, ein Rahmen, der von Menschen gesetzt wird. Mit zukünftigen (plausiblen) Technologien und wer die Widersacher der Sternenschiffe sind, wer davon profitiert und ob die Schiffe Gefährte in ein neues Paradies oder eine andere Hölle sind, diese Fragen stehen dabei im Zentrum. Dabei sind Technik und Wissenschaft ‹Ermöglicher› für eine auf den Menschen und seine ‹conditio humana› gerichtete Betrachtung.
Wer sind wir heute, wie werden wir morgen sein und inwieweit haben wir den Weg dazwischen in der eigenen Hand?
DAS HERZ DES JAGUARS ist der erste Roman des grossen Zyklus > Verlasse Kish < und kann im weiteren Sinne als spannungsorientierter Bildungsroman verstanden werden, so man denn möchte. Im Zentrum steht eine Biografie, jene Alia Velazcos, an der gespiegelt wird, was unter dramatischen Umständen jene Aspekte sind, die uns zum Menschen machen. Im philosophischen, im biologischen, vielleicht im kosmischen Sinne (ganz ohne Esoterik) ist Alia ein Mensch mit – wie man gerne sagt – Stärken und Schwächen. Zwar ist ihr Lebensweg sicher dramatischer und ungewöhnlicher, als die Biografie des jeweiligen Lesers, aber das Ziel ist, die grosse Reise mit ihr zu machen und zu spüren und zu denken, «ja, so könnte es sein.»
Die Prämissen sind: Die Menschheit erlebt eine Zäsur nach der Eruption des Supervulkans Vilama in Bolivien. Die Erde als unsere Heimat ist zerbrechlich, nicht zuletzt, weil wir mit ihr umgegangen sind, als ob es kein Morgen und keine nachfolgenden Generationen gäbe. Eine Tech- und Wirtschaftselite, ruft das höchst umstrittene ‹Sternenschiff-Projekt› ins Leben. Dieses erste echte, globale Unternehmen schickt im Verlauf der folgenden Jahrzehnte und -hunderte Scout-Schiffe zu habitablen Exoplaneten. Denn der Mars, als Backup-Planet, ist komplett ungeeignet, in jeder Beziehung, ausser vielleicht der geringen Distanz (nein, ein gewisser Elon Musk ist zweifelsfrei kein Genie!).
in Arbeit
Einen Kampf besteh’ ich, den ich nicht kenne;
einen Weg befahr’ ich, den ich nicht kenne.
Gilgamesh-Epos, 3. Tafel
Das Sternenschiff ALICE SPRINGS kreist seit einiger Zeit im Orbit um den Exo-Planeten AKNA. Ein kleiner Trupp Menschen mit ihrer Technologie ist daran, alle Aspekte und Parameter ihrer neuen Heimat zu erforschen. Atmosphäre, Geologie, Klima und Rohstoffe, sind in ihrer Gesamtheit und Ausgewogenheit eine gute Basis für eine spätere Besiedelung, wenn da nicht … ja, wenn da nicht eine biologische Welt den Planeten beherrschen würde, die selbst den hochtechnologisch ausgerüsteten Militärs mehr als nur Schwierigkeiten bereitet.
Thamsin Mirado, als dekorierte Offizierin, hatte bereits auf der Erde Befehle und Aufträge auszuführen, die sie an die Grenzen soldatischer Belastbarkeit und darüber hinaus führten. Ihre Karriere war turbulent, ihre Spezialisierung auf technische Erweiterungen menschlicher Kampfkraft und für mechanische AI-Soldaten, waren ihr bei der Rekrutierung für die ALICE SPRINGS eine grosse Hilfe. Seit ihrer Kindheit, seit der Supervulkan Vilama hochging, war sie Kampf gewohnt und es wurde auch ihre Durchsetzungskraft immer wieder geübt. Und jetzt, in einer Welt, die keine Fehler verzeiht, entdeckt sie eine Spezies, die zu nichts passt, was sie bisher gesehen hat. Oder zu nichts passt, was in den Vorbereitungen zu ihrer Reise als Idee, als Fantasie, hätte existieren können. AKNA ist ein Labor. AKNA ist ein Lebensraum, in dem ohne Gnade Evolution, ohne Rücksicht Optimierung, ohne Nachdenken Perfektion angestrebt wird. Und Thamsin Mirado ist nicht perfekt.
Ein wichtiges Element einer ‹conditio humana› aus meiner Sicht, ist das Gegensatzpaar ‹Krieg und Frieden›. Im zweiten Band ‹IM AUGE DES MUNGO› des Roman-Zyklus > Verlasse Kish < wird diese Dichotomie auf die Spitze getrieben. Selbst wenn man der Menschheit einen unseligen Hang zu Krieg und Gewalt attestieren muss, so muss auch erkannt werden, woher er evolutiv herrührt und inwieweit Natur und Kultur Verstärker und Kontrolleure von Konflikt und Zusammenarbeit sind. Denn, dass der Mensch des Menschen Wolf ist, ist nur ein Schlaglicht, ein Ausschnitt aus dem Spannungsfeld, das uns dazu bringen kann, zu Kain zu werden und Abel zu erschlagen.
(Naja, wenn man sich als Kain von Gott geschmäht fühlt, weil jener das Opfer des Bruders Abel mit mehr Wohlwollen betrachtet und der ältere Bruder dann austickt, da könnte man wohl bessere Gründe für Gewalt finden.)