Der Polizei-Leutnant Sergio Velasco-Torres, in der kolumbianischen Grossstadt Cali, hat zumindest drei dunkle Geheimnisse. Eines davon ist, wie die Familie, in die er hineingeboren wurde, an einem kühlen Winterabend von Paramilitärs ermordet wurde. Das zweite ist, dass er korrupterweise für den Führer des Leticia-Kartells, Don Angel, arbeitet, Botengänge macht oder kriminelle Aktionen absichert. Und drittens, auf welche Art und Weise, jene Familie, die er vor gut zehn Jahren gegründet hatte (Ehefrau und zwei Kinder) brutal und blutig ermordet wurde.
Alle drei Geheimnisse sind eng miteinander verknüpft, als er vom Kartell auf eine seltsame Reise geschickt wird, mit dem etwas nebulösen Ziel, Geschäftsverbindungen (Kokain) zu festigen und neue anzuknüpfen. Er selbst kann sich darauf keinen Reim machen, wieso er für diesen Job ausgewählt wurde.
Fast ein Jahr und eine halbe Weltreise später, schliesst sich der Kreis seiner Erlebnisse, in einer Welt des globalen Wirtschaftens und wie dies mit Politik und Kriminalität auf Engste verwoben ist. Aber ein ‹Held› wie Sergio Velasco-Torres braucht Freunde oder zumindest ‹Ähnlich-Gesinnte›, einen langen Atem und die Breitschaft, bestehende Fähigkeiten einzusetzen und neue zu lernen. Zunächst ist er allein und er ist kein Kämpfer im Format eines Robert McCall oder gar eines Marvel-Superhelden. Nein, im Prinzip ist er ein ziemlich normaler kolumbianischer Cop, der als Tiger, über viele Stationen lernt, am Schluss dem Schwarzen Drachen entgegen zu treten.
Hier, das Resultat der Suche nach der etwas anderen Spannungs-Story, die Verschmelzung einer halbwegs traditionellen Heldenreise, gemischt mit einer Rachestory, und dies zugleich eingebettet in eine Welt von heute; eine Welt, die dem Einzelnen oft so wenig Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit zu überlassen scheint. Nicht absolut realistisch, aber doch so ziemlich.
Nach eigenen Reisen der vergangene Jahrzehnte, diverse Bekanntschaften und einigem an Recherchearbeit, kam das Interesse daran auf, dass man daraus einen etwas anderen Antiheldenroman dichten könnte. Der Charakter des Sergio Velasco-Torres (in etwa übersetzbar als: ‹der kleine Rabe auf dem Turm›) steht in den Spannungsfeldern ‹Gesetz und Kriminalität›, ‹Glaube und Gottlosigkeit›, ‹Macht und Schwäche› und aus meiner Erfahrung ist Kolumbien als Ursprungsort dafür sehr passend, also kommt der Held aus Cali.
Die Helden (u.a. auch die ‹Velasco’s Twelve›, wie seine Kumpels einmal genannt werden) sind keine John Wick, Jack Reacher oder Adam Clay, die zu jeder Zeit in ungebrochener Unbesiegbarkeit auftrumpfen können. Nein, es sind verletzliche, unperfekte und oft unsichere Menschen mit Vergangenheit, mit allerdings jeweils ausgeprägten Fähigkeiten, die jedoch nie hollywood-artig übertrieben, sondern immer plausibel sind.
Die Story spielt vor dem Hintergrund eine Krieges in Europa und den schnellen Richtungswechseln einer globalen Wirtschaft, die hier einen recht dicht gewebten Hintergrund-Wandteppich darstellen. Vieles würde in unserer Welt nicht so ablaufen, wenn einige alte, einsame und angstgetriebene Männer nicht so entscheiden würden, wie sie es tun. Aber vielleicht gibt es für sie eine Stunde der Abrechnung, noch in unserem Diesseits.